Astrologie

Plädoyer an Saturn

Saturn, du große Lehrmeister – was hast du diesmal mit mir vor? Ich hoffe doch, dass ich mit dir eines Tages doch noch richtig anfreunden kann, wie es mir mit Pluto gelungen ist (jedenfalls ein Stück weit).


Vor rund 30 Jahren stand er bei mir in Opposition zum MC. Heute, also im Juli 2022, ist es mal wieder soweit:

Der alte Kronos steht auf 24 Grad Wassermann und parkt direkt auf meinem IC. Ich beschäftige mich nun 30 Jahre lang mit Astrologie, habe Horoskope analysiert, berechnet, beschrieben und interpretiert und versucht, empirisch Wiederholungen und Geschehenes festzuhalten, um davon Lektionen fürs Leben abzuleiten – und ich ertappe mich bei dem Gedanken, im Internet in die Runden fragen zu wollen: „Wer hat noch ein paar Erfahrungen mit Saturn in Opposition zum MC?“


Aber es hilft nichts. Nicht nur dass man da alleine durch muss, sondern auch aufgrund des Umstandes, dass der IC oder der MC bei jedem anders aussieht oder anders aspektiert ist (gerade bei den empfindlichen Achsen ein Thema!!). Außerdem hab ich keine Lust, dass vermeintliche „Experten“ mit dreimonatiger Astro-Erfahrung aus ihren Löchern gekrochen kommen, um einen unter Einbezug ihrer Schlechtschreibung mich mit ihrer Zuckerwürfel-Astrologie zu belehren versuchen (das musste ich jetzt genau so loswerden) und einem zu allem Überfluss auch noch sagen wollen, was man zu tun hat und was nicht.

Hinzu kommt, dass es mit dem IC bei mir im Horoskop nicht getan ist. Der Immun Coeli bildet nämlich die Eintrittspforte in das 4. Haus – einem so genannten „Eckhaus“ – und in meinem Falle auch in das ganze Stellium (für Laien: ein Stellium ist eine Planetenballung), die sich dort befindet: Venus, Sonne, Merkur, Saturn und Chiron. Und damit ist es immer noch nicht alles. Um dem Ganzen noch einen besonderen Anstrich zu verleihen, bildet jenes Stellium auch noch eine Opposition zum Stellium im 10. Haus (Mars und das 60er-Jahre-Package Pluto mit Uranus). Die Frage also, wie es bei den Internet-Usern so war, als der Herr der Zeit und des Karmas über den IC und durch das 4. Haus marschierte, erübrigt sich für mich und für viele andere also und wäre reine Zeitverschwendung. Und jene Astrozwillinge aus aller Welt, die ich auf einer englischen Website gefunden habe, und die sich einst entschlossen haben, exakt am gleichen Tag wie ich zu inkarnieren, sind nicht nur in einer anderen Zeitzone geboren, sondern auch zu einem anderen Zeitpunkt. Hier gilt also auch: Fehlanzeige, denn jedes Horoskop ist individuell.

Es bleibt also nichts anderes übrig, als Revue zu passieren, was bei mir selbst vor 30 Jahren war – denn das ist die ungefähre Laufzeit dieses Himmelskörpers, der als Kind mein Lieblingsplanet war, weil er so schön beringt ist, doch der mir dann später das Leben so schwer machte.

Also, na denn: Vor 30 Jahren begann ich mein berufliches Umfeld zu hinterfragen, mehr noch, es begann zu bröckeln. Und nicht nur das – es passierte etwas, was mir erst viel später bewusst wurde: Ich begann, meine Interessen zu verlagern und setzte mich fortan intensiv mit der Astrologie auseinander, indem ich auf meiner täglichen Bahnfahrt nach München Bücher wälzte und Radixhoroskope zu verstehen versuchte; und ohne es zu merken legte damit einen entscheidenden Grundstein. Ich fragte mich dabei nicht, wofür die Astrologie gut ist und schon gar nicht wollte ich damit Eindruck schinden oder gar Geld verdienen – es zog mich einfach dorthin, weil es mich einfach interessierte und weil mein Herz dort schlug. Es folgte eine eher schwierige Zeit für mich, da Saturn, wie bereits erwähnt, nicht nur meinen IC passierte, sondern sich an meinem ganzen vierten Haus zu schaffen machte. Dabei fand auch die berühmt-berüchtigte „Saturn Revolution“ statt (wenn Saturn auf seine Radix-Position zurückkehrt), bei der nicht selten das Leben der Betroffenen Kopf steht.

Anfang Dreißig ist häufig ein Alter, in dem man zu hinterfragen beginnt: Den Beruf, die Beziehung, den bisherigen Lebensweg…. Nicht selten befindet man sich in einer Krise und beginnt, sich von Menschen oder Altbewährtem zu trennen – nicht selten zum Entsetzen des Umfeldes. In welchem Lebensbereich das stattfindet, lässt sich in der Regel aus dem Horoskop ableiten. Bei mir war es der Beruf bzw. die Berufung, also das 10. Haus. und der Kernfamilie, aus der ich stammte, also das 4. Haus. Und als Saturn Anfang der 90er Jahre dann über den Radix-Saturn wanderte und seine Revolution zündete, begann ich auszusortieren und Prioritäten zu setzen: Astrologie-Ausbildung mit DAV-Prüfung, Weiterbildung etc. Der „reale“ Beruf wurde immer weniger zur Erfüllung und mehr und mehr zum Broterwerb. Und ich begann selbst zu entscheiden, wer wirklich zu meiner Familie gehört und wer nicht. Und rückblickend muss ich feststellen, dass ich mich selbst gefunden hatte – jedenfalls zum Teil.


Heute, 30 Jahre später, bin ich gespannt, was Saturn mir diesmal bietet. Mit familiären Themen dachte ich eigentlich, abgeschlossen zu haben. Doch soweit ist es wohl erst dann, wenn man die Saturn-Transite wirklich nicht mehr spürt.
Doch seien wir mal ehrlich: Der Kosmos ist immer wieder für Überraschungen gut, selbst der alte Kronos. Ich hoffe, er geht diesmal so vor, was man in der Astrologie als „erlöst“ bezeichnet: unauffällig und gnädig.

Danke fürs Lesen.

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